Aktiva der „1 Iunie“-Textilfabrik für 7,25 Mio. Euro verkauft

Belgischer Investor kündigt Neubebauung in der Fabrikstadt an

7 Jahre nach der Konkursanmeldung ereilt auch die „1 Iunie“-Textilfabrik für Kinderkleider jenes Schicksal, das zahlreichen Glanzbetrieben des sozialistischen Temeswar zuteil geworden ist: Abriss und Neubebauung. Foto: Dan Cărămidariu

Temeswar (ADZ) – Sie zählen zu den letzten in Temeswar noch stehenden Gebäude ehemaliger Glanzbetriebe des Sozialismus, nun sollen auch sie neuen Immobilienprojekten weichen: Die Gebäude der seit etwa 17 Jahren geschlossenen „1 Iunie“-Textilfabrik am Fabrikstädter rechten Bega-Ufer wurden unlängst von einem Gerichtsverwalter an das Immobilienentwicklungsunternehmen Speedwell für 7,25 Millionen Euro verkauft. Alle Hallen sollen abgerissen werden, auf das 2,4 Hektar große Grundstück plant der mit belgischem Stammkapital ausgestattete Immobilienentwickler mehrere Wohn- und Bürohäuser. Der Standort sei wunderbar, man befinde sich unweit des historischen Kerns der Fabrikstadt und nur 15 Minuten vom Temeswarer Flughafen entfernt. Speedwell baut bereits in Temeswar ein ähnliches Projekt auf dem Gelände der abgetragenen Hutfabrik in der Josefstadt und ist auch in anderen Städten präsent, so zum Beispiel in Bukarest, Klausenburg/Cluj-Napoca und Râmnicu Vâlcea.

Die gegenwärtig unter dem Namen „1 Iunie“ bekannte ehemalige Textilfabrik wurde 1925 als „Fabrica de Ciorapi Florida“ von den jüdischen Industriellen Géza Pollák und David Hünsch gegründet. 1941 wurde das Unternehmen rumänisiert und von Iuliu Mihailovici übernommen. 1948 wurde es verstaatlicht und mit anderen verstaatlichten Textilunternehmen vereinigt. 1963 änderte das Ministerium der Leichtindustrie den Namen in „Fabrica de Tricotaje 1 Iunie“ um. Hergestellt wurden vor allem Kleider für Neugeborene und Kleinkinder, Mitte der 1980er Jahre beschäftigte der Staatsbetrieb an die 4000 Arbeitnehmer. Der Großteil der Produktion wurde exportiert, es bestanden Verträge mit der deutsch-niederländischen Bekleidungskette C&A sowie mit weiteren Abnehmern in den arabischen Staaten.
1995 wurde das Unternehmen an die Angestellten verkauft, elf Jahre später meldete es Insolvenz an. Danach ging es nur noch bergab, mehrere Strafverfahren gegen zwei Direktoren, die sich über Scheinfirmen einen Großteil der Gewinne angeeignet und das einst erfolgreiche Unternehmen in den Bankrott getrieben hatten, blieben ergebnislos. 

Die Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von 33.000 Quadratmetern ließ man verfallen, dem Insolvenzverwalter gelang es lediglich, einige Räume an verschiedene Unternehmen zu vermieten.