Hermannstadt – „Kein Künstler tut sein Werk, um den Ruhm seines Landes und Volkes zu mehren. Die Quelle der Produktivität ist das individuelle Gewissen.“ Thomas Mann? Ja, richtig erkannt! 150 Jahre liegt seine Geburt in Lübeck zurück, und 70 sein Tod im Zürich der Nachkriegszeit. Weswegen Dan Vasile als künstlerisch sehr breit begabter und vielseitig ausgebildeter Schauspieler und der schriftlich wie im Rundfunk erfahrene Kulturredakteur Octav Avramescu im Auftrag des Goethe-Instituts Bukarest die exklusiv auf Rumänisch wandernde Klang-Ausstellung „Frequenz Mann“ ausgearbeitet haben. Noch bis Freitag, den 7. November, steht sie Wissbegierigen kostenlos im Foyer des Astra-Bibliothek-Neubaus täglich von 8 bis 20 Uhr zur Verfügung, Samstag und Sonntag ausgenommen, und inhaltlich traktiert sie Thomas Manns intellektuelles Engagement in der stark aufgeheizten Öffentlichkeit Europas vor und während des Zweiten Weltkriegs. Bekanntlich hat der Literatur-Nobelpreisträger von 1929 sich dazu auch der Option bedient, über den Äther zu allen zu sprechen, die seinen Reden auf Deutsch je nach Fall ohne Geheimhaltung oder eben doch streng im Verborgenen lauschten.
Noch weiter östlich als bis nach Budapest, das er 1913 zum ersten Mal besuchte und nach 1937 leider niemals mehr wieder genießen sollte, dürfte Thomas Mann nicht gereist sein. Und doch wusste er auch von Land und Leuten in Rumänien genau Bescheid: manche seiner Großen kannte er persönlich und mit einigen stand er auch im Briefkontakt. 1936 dagegen konfrontierte ihn das extrem rechte Spektrum der Presse Rumäniens mit dem völlig absurden Plagiatsvorwurf, sich den Aufhänger der Roman-Trilogie „Josef und seine Brüder“ glatt bei dem „Traum der Pharaonen“ („Visul faraonilor“) ausgeliehen zu haben, den Aurel Păcurariu gestaltet haben wollte. Beschuldigt wurde Thomas Mann auf gleicher Bahn einschließlich der jüdischen Identität, worauf er einen offenen Brief aufsetzte und in rumänisch-demokratischen Zeitungen veröffentlichen ließ. Eine „entschiedene und würdige“ Antwort, wie die Wanderausstellung „Frequenz Mann“ festhält.
Wo das Astra-Bibliotheks-Foyer auch von anderen Ausstellungen beansprucht wird, ist es ratsam, sich vormittags in die beiden Text-Tafeln der „Frequenz Mann“ zu vertiefen und den Radio-Passagen Aufmerksamkeit zu schenken, die aus einem Lautsprecher von der Decke herab tönen. Nachmittags dafür finden vor Ort oft Vorträge und ähnliche Veranstaltungen statt, was Abstellen der eigentlichen Ausstellungs-Inhalte erfordert. Wer sie in Hermannstadt/Sibiu aus dem ein oder anderen Grund verpasst, kann das Hinhorchen von Dienstag, dem 4. November, bis Mittwoch, den 17. Dezember, in der Octavian-Goga-Kreisbibliothek Klausenburg/Cluj nachholen. Das Deutsche Kulturzentrum Hermannstadt für seinen Teil hat endlich am Mittwoch, dem 22. Oktober, auch die Tafeln der Expo aufstellen lassen, nachdem die Radio-Klänge in Schleife wie geplant schon am Montag zu hören gewesen waren. Plakat und Gedrucktes ließen als aufklärende Information anbei für Nicht-Kenner der Causa Thomas Mann ein bisschen zu lang auf sich warten.




