Hermannstadt – Im Kern ist es zwar nur eine Foto-Ausstellung und folglich nichts Außergewöhnliches, doch stehen die Biografie der betreffenden Einzelkünstlerin und die große weite Welt mit all ihren Sonnen- und Schattenseiten in sehr enger Wechselbeziehung zueinander. Bedeutend, dass eine retrospektivische Auswahl der Aufnahmen von Fotografin Sibylle Bergemann Hermannstadt auf Zeit eine Art des Arbeitens nachvollziehen lässt, die wie kaum ein anderes Werk das zunächst geteilte Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg zu deuten verspricht und schließlich globale Blickwinkel eröffnet. Eröffnet wird die Expo Samstag, am 6. September, um 18 Uhr in der Abteilung des Brukenthalmuseums für Zeitgenössische Kunst.
Näher im Detail von Foto zu Foto führt auf der Vernissage Christiane Böhm, Koordinatorin des bundesdeutschen Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) in Hermannstadt. Erstmals ist das Werk der 2010 verstorbenen Berliner Fotografin Sibylle Bergemann auch in Rumänien zu sehen. Mehr als 30 Stationen in aller Welt hat diese Wanderausstellung absolviert, und aktuell macht sie pünktlich zur sechsten Jahresauflage des internationalen Sibiu Contemporary Art Festival (SCAF) auch in Hermannstadt Halt. Als Kuratorin vor Ort ist Referentin Iris Ordean vom Deutschen Kulturzentrum gefordert, die sich auf Ratschläge von Brukenthalmuseums-Abteilungsleiterin Alexandra Runcan stützt. Die eigentliche Auswahl der Aufnahmen wiederum – Modefotos, Reportagen, Porträts, Stadtlandschaften, Sofortbilder und persönliche Notizen – stammt von Frieda von Wild, Tochter der Fotografin Sibylle Bergemann. Tagebuch-ähnlich wird dabei ein Zeitraum von 35 Jahren ab den 1960er-Jahren bis wenige Jahre vor dem Tod Bergemanns illustriert, die zwei Jahre vor ihrem Tod selber öffentlich entschlüsselte, dass „mich der Rand der Welt interessiert, nicht die Mitte. Das Nicht-Austauschbare ist für mich von Belang“.
Geboren wurde Sibylle Bergemann 1941, als Modefotografin knüpfte sie für die nach ihrem eigenen Vornamen benannte Zeitschrift in der DDR Binnenkontakte mit der Branche. Dass sie später für „Geo“, „Die Zeit“, „Der Spiegel“, „Stern“ und gar auch für „The New York Times“ fotografierte, überrascht rückblickend überhaupt nicht. Mit der Kamera war Bergemann nicht nur in den Metropolen der freien, der westlichen Welt unterwegs, sondern auch im Nahen Osten und einigen afrikanischen Ländern, darunter Ghana, Senegal, Mali und Jemen. Und natürlich verstand sie auch manchen Schauplätzen für das planwirtschaftliche Scheitern der DDR artistischen Mehrwert abzugewinnen. Sibylle Bergemann bevorzugte zeit- lebens Schwarz-Weiß-Fotografie, machte sich dann und wann aber auch gezielt die Vorteile allgemein üblicher Farben zunutze. Ihre Aufnahmen sind noch heute an prominenten Orten in ganz Deutschland, Frankreich und den USA ständig zu sehen. Die Ausstellung eines Querschnitts durch ihr Schaffen als Programmpunkt des SCAF schließt Sonntag, am 5. Oktober.





