„Der einzige Besitz, den niemand entwenden kann“

Eine neue Kulturzeitschrift sucht Autoren, Leser und Sponsoren

Sieben von 15 Redaktions-Mitgliedern der „Julieta“ fanden Zeit und Mut, persönlich zu ihren neugierigen Lesern zu sprechen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Seit mindestens 18 Jahren schon besteht er, der christliche, orthodoxe Selbstverlag „Agnos“, und seine Homepage ist in all der langen Zeit mehr als 14 Millionen Mal aufgerufen worden. Bedeutend, dass im Schnitt jedes einzelne der 116 Bücher ungefähr 120.000 Käufer gefunden haben könnte. Das neueste aber kam laut Online-Buchhandel Mitte September 2022 auf den Markt, und von der druckfrischen Erstausgabe der Kulturzeitschrift „Julieta“ findet sich auf dem Link agnos.ro erst recht keine Spur. Vorgestellt jedoch wurde sie Freitag-abend, am 18. Juli, öffentlich im Astra-Bibliotheks-Festsaal, und der bis auf den wirklich letzten Sitzplatz ausgebuchte Ort der Präsentation meinte es bestens mit Rafael Țichindelean und Vasile Alexandru. „Wir jungen Leute stehen für Romeo, und Julia für die Kultur“, so die Devise beider Chefredakteure, die ihrer eigenen Generation von Hochschulabgängern am Karriere-Start oder in den fortgeschrittenen Etappen der Universitätsausbildung ein Medium zur Veröffentlichung wissenschaftlicher Essays bieten möchten. 119 Seiten dick behauptet sich die Nummer 1 der broschierten „Revista culturală Julieta“ im A4-Format, und ihr Spektrum deckt so gut wie alle Fachbereiche ab, die ein anspruchsvolles Feuilleton ausmachen: Geschichte, Kulturerbe, Anthropologie, Jura, Psychologie, Literatur, Pädagogie, Astronomie und Ingenieurswesen. Fünfzehn Mitglieder zählt die Redaktion, und dass die Erstausgabe der Zeitschrift ganze 119 Seiten beanspruchen würde, „hatten wir nicht erwartet“, raunt Chefredakteur Vasile Alexandru, derzeit noch an der Lucian-Blaga-Universität Hermannstadt/Sibiu (ULBS) im Journalismus-Studium stehend. Rafael Țichindelean wiederum, diplomierter Historiker am Einstieg ins Berufsleben, arbeitet Vollzeit für die Buchhandlung der „Humanitas“ in Hermannstadt, und schätzt sich überaus glücklich, zu sehen, dass „Julieta erwacht“ ist. „Der Aufwand des Redigierens war unserer.“

„Wir haben Sponsoren gesucht und Leute, die bereit wären, uns zu unterstützen, doch etliche gaben vor, dass entweder kein Geld oder keine Möglichkeiten gegeben sind“, erzählt Vasile Alexandru, dem „diese große Arbeit Freude bereitet“ hat – bestimmt auch, weil das Werben von Gönnern trotz allem zündete und den Weinladen für moldauische Tropfen auf der Elisabethgasse/Strada 9 Mai, die von Unternehmerin Iulia Agîrbicean geführte Backwaren-Handelskette SC Simpa SA, den Fortbildungsverein leaderimpact.ro, die Inhaber vom Tutti-Pizza-Restaurant-Service und die Konditorei „Alina“ auf der Harteneckgasse/Strada Cetății finanziell ins Boot holen konnte. In den Festsaal der Astra-Bibliothek mitgebracht worden war aber eine Auflage von nur 150 Stück der Zeitschrift, und in das Erbeten von Spenden für ihre Zukunft schaltete sich auch Petru Trăscăian ein, seit zehn Jahren zum Team der Humanitas-Buchhandlung vor Ort zählend.

Nicht unwesentlich fällt das gestalterische Zuarbeiten von Grafiker und Cover-Zeichner Andrei Stoian aus, Lehrer für Kunsterziehung an einer der allgemeinbildenden Schulen Hermannstadts, und sehr erfreulich die Hoffnung seines Bruders Petru Stoian als Autor eines Artikels zur Beobachtung des Universums durch Astronomie und Sternfotografie, „dieser Nischen-Domäne des Allgemeinwissens zu mehr Popularität zu verhelfen“. Sollte sich Kritik an der Zeitschrift „Julieta“ aufdrängen, wird sie einige Unstimmigkeit zwischen der akademischen Aufbereitung ihres Inhalts und ihren vielleicht auch populärwissenschaftlichen Ansprüchen nicht aussparen: Fußnoten und bibliografisch ausführliche Auflistungen am Ende eines jeden Artikels eignen sich womöglich kaum, einen breiten Leserkreis zu gewinnen. Die darin enthaltenen Interviews mit Schriftsteller und Literatur-Kritiker Marius Chivu sowie Astra-Bibliotheks-Direktor und Historiker Răzvan Codruț Pop hingegen unterstreichen, dass die nachrückenden Generationen Intellektueller in Rumänien recht genau wissen, was für ein Fragen sie umtreibt. Eine selbstgemachte Zeitschrift ist das allemal wert. Je drei Exemplare der „Julieta“ sind in der Astra- und ULBS-Bibliothek zu finden, und Auskunft erteilt auf Anfrage zweifelsohne auch Chefredakteur Rafael Țichindelean als Buchhändler bei „Humanitas“.