Hermannstadt - Was am Dienstagmorgen als Rettungsaktion begann, endete wie eine Safari: Einer der beiden Tiger des Hermannstädter Zoos, der vermutlich aus dem Gehege entkommen war, weil der Wärter die Türe offen gelassen hatte, wurde erschossen.
Gegen halb elf Uhr wurden die Bewohner des Stadtviertels Valea Aurie gebeten, die Häuser nicht zu verlassen. Aus dem Jungen Wald/Pădurea Dumbrăvii wurden Schüsse gehört. Damit versuchten Jäger und Angestellte des Zoos, die entkommene Wildkatze zu erschrecken und davon abzuhalten, sich in Richtung Stadt zu spazieren. Rund anderthalb Stunden nach der Flucht wurde bekannt gegeben, dass das Tier in der Nähe des Gendarmeriesitzes auf der Calea Poplăcii gesehen wurde. Gegen Mittag berichtete ein Augenzeuge, den Tiger im Wald, in Richtung Stadtgrenze, gesehen zu haben. Eine weitere halbe Stunde später wurde ein Schuss aus dem Wald gehört: Ein an der Verfolgung nicht beteiligter Jäger bemerkte lakonisch: „Das Problem ist gelöst.“
Die Tigerdame Mihaela wurde vor 15 Jahren im Hermannstädter Zoo geboren und war ein unruhiger Geist. Streitereien mit den anderen Artgenossen waren keine Seltenheit, wie der Tierarzt Liviu Todescu berichtet. Die Schuld an ihrem Entkommen liegt aber beim Mitarbeiter des Tiergartens. Dieser versäumte es, die Tür zuzusperren, während er sich im Gehege befand, um die Tiger zu füttert. Die neugierige Großkatze nutzte die Möglichkeit zum Entkommen.
Auf ein gravierendes Problem deuten Vertreter der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ hin. Der Hermannstädter Zoo besitzt, wie die meisten Tiergärten in Rumänien, keinen entsprechenden äußeren Schutzzaun. Dieser sollte vier Meter hoch und elektrifiziert sein. Der vorhandene Zaun ist nur rund 1,80 hoch und weist einige Durchlässe auf.
Der tödliche Schuss sei, laut Tierarzt Todescu, eine Notwehr gewesen. Die Tigerin sei nach dem Betäubungsschuss auf ihn losgegangen und musste also von einem Jäger erschossen werden. Im Hermannstädter Zoo bleibt nun ein einziger Tiger, die von Mihaela geborene, Baghera.