Eintauchen in Sprache und Wortwelten

Autorin Dana Grigorcea las im Rahmen des Projekts Revista 2000+ im Erasmus-Büchercafé

Die erste „neue“ Zeitschrift „Revista 2000+“ erschien am 1. September 2025. Das Sonderheft kann im Erasmus-Büchercafé oder unter revista2000.ro gegen eine Spende erworben werden.

Robert Schwartz, Dana Grigorcea und Andreea Dumitru-Iacob bei der Lesung am vergangenen Freitag im Erasmus-Büchercafé. Foto: Aurelia Brecht

Hermannstadt – Was passiert, wenn man ein Zeitungsarchiv mitnimmt und auf dem Dachboden vergisst? Diese Frage beantwortete der Journalist und Hermannstädter Robert Schwartz gleich zu Beginn der Lesung am vergangenen Freitag: Denn das Projekt der Schülerzeitschrift „Revista 2000+“ entstand erst vor kurzem neu – und belebt die traditionsreiche Schülerzeitschrift, die 1968 am Bukarester Goethe-Kolleg gegründet wurde. Sie erschien bis 1980, dann verbot die Zensur die Herausgabe. Schülerinnen und Schüler und die Lehrerschaft trafen sich trotzdem weiter zu Redaktionssitzungen und schrieben Texte – ohne sie zu veröffentlichen. Robert Schwartz, damals Direktor der Schule, nahm dieses Archiv nach 1990 an sich.

Die Texte von damals erleben nun ihr Revival – auch, um im Projekt „Revista 2000+“ kreativen Schülerjournalismus in Rumänien im Hier und Heute zu fördern. Vor zwei Monaten fand eine Sommerschule mit Schülerinnen und Schülern des Goethe-Kollegs, der Brukenthalschule in Hermannstadt/Sibiu und des Honterusgymnasiums aus Kronstadt/Brașov statt. Dabei entstand eine Print-Zeitschrift aus den unveröffentlichten Texten von damals und neuen Texten. Außerdem richtete die Gruppe eine Webseite ein, auf der die Zeitschrift künftig als Online-Schülerzeitschrift erscheint.

Auch die rumänisch-schweizerische Autorin Dana Grigorcea ist Absolventin des Bukarester Goethe-Kollegs. Um den Dialog zwischen Geschichte und Gegenwart für Schüler aus literarischer Perspektive erlebbar zu machen – denn auch das ist Gegenstand von „Revista 2000+“ – erzählte sie den Schülerinnen und Schülern von der Entstehungsgeschichte ihres preisgekrönten Romans „Die nicht sterben“ (rumänisch „Cei care nu mor“). Er verbindet eine Familiengeschichte mit den Mythen um Vlad den Pfähler und stellt die Suche nach Heimat, Erinnerung und kultureller Identität in den Mittelpunkt: Dabei greifen Vergangenheit und Gegenwart immer wieder ineinander. Nicht zuletzt sei das Buch auch aus dem Wunsch heraus entstanden, erlebte Dinge ungeschehen zu machen und dem Ursprung des Bösen auf den Grund zu gehen. Denn: was verleitet eigentlich zu bösen Taten? Im Mittelpunkt des Gesprächs standen auch  die Erzählung über das Schreiben, der Schreibprozess selbst, die Frage, wie man Schriftstellerin oder Schriftsteller wird.

Grigorceas Roman sei Schauermärchen und Gesellschaftsanalyse zugleich, so die Germanistin Andreea Dumitru-Iacob, die durch die Lesung führte und sich mehrfach direkt an die Schülerschaft wandte: Jeder verstehe aus einem literarischen Text lediglich das, das er verstehen könne. Denn: „Wir können das, was wir nicht kennen, was uns nicht eigen ist, gar nicht begreifen“. Nicht zuletzt kam auch der Sprache und den Wortwelten auf Deutsch eine wichtige Rolle zu: Es sei wichtig, Wörter zu erklären, zu verstehen, aus welchem Wortfeld und aus welcher Wortfamilie ein Wort komme, weil das Sprache ausmache, so Dumitru-Iacob.

Lebendig und spannend gestaltete sich die Lesestunde, der das Schülerpublikum zusammen mit dem Hermannstädter Lese-Publikum lauschen durfte. Im Anschluss gab es die Möglichkeit mit den Organisatoren des Projekts und mit der Autorin ins Gespräch zu kommen, Signierstunde inklusive.

Die Veranstaltungen von „Revista 2000+“ reißen vorerst nicht ab: Schülerinnen und Schüler des Projekts können sich am 26. September bereits wieder auf eine Lesung in Kronstadt/Brașov freuen – diesmal mit der Autorin Elise Wilk und dem Autor Alexandru Bulucz.

Das Projekt ist eine Initiative des Vereins MonsRufinus, kofinanziert vom Nationalen Kulturfonds (Administrația Fondului Cultural Național – AFCN). Partner des Projekts sind die Brukenthalschule in Hermannstadt/Sibiu, die Honterusschule in Kronstadt/Brașov und das Goethe-Kolleg in Bukarest, das DFD Bukarest, die M&V Schmidt Stiftung, Artburg Kronstadt und der Verein Arheia.