Temeswar/Arad (ADZ) – Die bizarre Wirtschaftspolitik der ungarischen Regierung, die durch die Festlegung von Höchstpreisen bei Grundnahrungsmitteln zu Knappheit geführt, jedoch die Verteuerung nicht gebremst hat, bringt immer mehr Bürger des Nachbarlandes dazu, in Rumänien einzukaufen. Von Sathmar/Satu Mare im Norden bis Großsanktnikolaus/Sânnicolau Mare im Süden sind vor allem am Wochenende immer mehr Autos mit ungarischem Kennzeichen auf den Parkplätzen der Supermärkte zu sehen. Gekauft werden vor allem Lebensmittel, aber auch das Auto wird getankt, da in Rumänien Benzin und Diesel etwas billiger sind als in Ungarn. Dort würde ein Liter Benzin 475 Forint kosten, in Rumänien allerdings nur den Gegenwert von 405 Forint. Zucker sei um umgerechnet 50 Forint billiger. Zucker, Milch, Speiseöl und Fleischwaren würden hierzulande ebenfalls billiger als in Ungarn sein. Auch würden sich die dortigen Verbraucher ärgern, weil die Kaufmengen begrenzt seien. Familien mit mehreren Kindern dürften nicht mehr Milch als vorgeschrieben kaufen, Hausfrauen, die derzeit Konfitüren oder Eingelegtes für den Winter vorbereiten, könnten keine größeren Zuckermengen erwerben. Supermärkte in den Großstädten Arad, Großwardein/Oradea oder Sathmar, aber auch Discounter in rumänischen Grenzstädtchen wie Großkarol, Salonta, Chișineu-Criș, Nadlak/Nădlac, Curtici oder Großsanktnikolaus würden ein billigeres Angebot führen, auch könne man so viel einkaufen, wie man wolle. Im Raum Debrezin/Debrecen – Birkenkirchen/Nyíregyháza würden sich die Bürger inzwischen über Facebook-Gruppen zu den Lebensmittelpreisen in Rumänien austauschen und Mitfahrgelegenheiten organisieren. Ihr Eindruck sei, dass Rumänien inzwischen ein wohlhabenderes Land als Ungarn sei, es gehe den Menschen hier eindeutig besser als seinen Landsleuten, erklärte ein ungarischer Einkaufstourist auf dem Parkplatz eines Supermarkts in Westrumänien. Der Einkauf werde auch dadurch erleichtert, dass entlang der Grenze auch Bürger ungarischer Nationalität leben und man sich auch auf Ungarisch verständigen kann.
Jahrelang hatten zahlreiche Bürger westrumänischer Landeskreise ihren Einkauf in Ungarn getätigt, da es dort billiger und vor allem besser gewesen sein soll. Ab der Wirtschaftskrise von vor 15 Jahren kam der Shoppingtourismus von Rumänien nach Ungarn zum Erliegen, rumänische Gäste besuchten nur noch die Frei- und Thermalbäder auf der ungarischen Seite der Grenze, die weiterhin Touristen aus Rumänien anziehen. Für den Lebensmitteleinkauf fahren die Banater verstärkt nach Serbien, dort soll es weiterhin trotz der auch im südwestlichen Nachbarland grassierenden Inflation billiger sein als hierzulande. Ungarn allerdings verzeichnete die höchste Inflationsrate in der Europäischen Union von knapp 26 Prozent, die Verteuerung der Lebensmittel betrug im Durchschnitt sogar 47 Prozent.