„Wichtiger als Quantität ist uns die Qualität“

Auch Rumäniens evangelische Kirche hat „die beste Botschaft der Welt“ zu verkündigen

Pfarrer Gerhard Servatius-Depner aus Mediasch (rechts, stehend) betont, dass der Mitte November 2024 evangelisch ausformulierte Bukarester Missionskodex „Sichtbarkeit“ fordert. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Allein in den Stadtgemeinden Mediasch und Mühlbach/Sebeș habe man bislang ernsthaft Notiz vom Missions-Kodex genommen und über seine 16 Punkte gesprochen, räumte Freitag, am 14. November, im ausgebuchten Erasmus-Büchercafé Pfarrer Gerhard Servatius-Depner ein. Genau ein Jahr zurück lag jene dreitägige Zusammenkunft in Bukarest von 20 Theologinnen und Theologen ganz Europas, deren Schlüsse eine Woche darauf auch schon der Landes-Versammlung der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien (EKR) mitgeteilt wurden. Das Schwinden ihrer Zahlen gehöre der Vergangenheit an, und Bischof Reinhart Guib wertet es positiv, dass die „Abschottung“ bis 1989 endlich einem Kurs von „Willkommenskultur“ gewichen ist. Trotzdem mahlen die Mühlen der EKR weiterhin in ihrem gemächlichen Takt, und Stadtpfarrer Christian Plajer aus Kronstadt/Brașov zum Beispiel nimmt den „Bukarester Missionskodex“ kaum als Ansporn, über das Eigentliche der geistlichen Arbeit mit Gemeinde gründlichst neu nachzudenken. „Tun wir manches von den 16 Punkten nicht sowieso bereits?“ Der beim Schiller-Verlag Hermannstadt/Sibiu-Bonn erhältliche Sammelband zu Sinn und Zweck „Evangelischer Mission im orthodoxen Umfeld“ ist das Nachschlagewerk für alle in Bukarest vorgetragenen Referate und speist sich inhaltlich auch aus lettischen, kroatischen und georgischen Kirchenkreisen. Nicht nur aus dem protestantisch überreichen Deutschland, das der EKR vor gut einem Jahrzehnt noch als einzig würdiger Maßstab galt. Ihr 2013 ausgearbeitetes Strategiekonzept „Zukunft Kirche“ aber meint es nicht weniger ernst als das sechs Jahre später formierte Zentrum für Evangelische Theologie Ost (ZETO). „Wir sind angekommen in der rumänischen Gesellschaft“, befindet Sammelband-Herausgeber Dr. Stefan Cosoroab˛, und im Bedenken der „soziologisch enormen Frage nach Sekte oder Öffnung“ löblicherweise „nicht nur mit dem Innenblick zur Diasporakirche geworden.“ Minderung des eigenen Auftrags wiederum setzt das überhaupt nicht voraus, im Gegenteil. Dass die EKR „viel mehr Mut“ im Missionieren und Stehen zu sich selbst praktiziert, sähe Unternehmerin und Landeskirchenkuratorin Carmen Schuster nur zu gerne.

Am Präsentationstisch der Buchvorstellung war man sich darüber einig, dass „Mission nicht aus Angst erfolgen soll“, wie es treffend Malkhaz Songulashvili als der Metropolit-Bischof der Evangelisch-Baptistischen Kirche von Georgien entschärft. Aber sie wäre lange Zeit ein „Unwort“ gewesen, markierte im Erasmus-Büchercafé Dr. Mario Fischer als Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), wogegen sich das Blatt heute komplett gewendet habe und in der säkularen Welt der englische Begriff von „Mission“ flächendeckend überall da auftauche, wo es ökonomisch um Effizienz und Profit geht. „Evangelisch fällt es uns schwer, das Ziel von Mission zu benennen“. Wobei Regionalbischof Dr. Johann Schneider aus dem evangelischen Mitteldeutschland als gebürtiger Siebenbürger Sachse begeistert reflektiert, dass die EKR anders als das lutherische Abendland kulturell in einem Lebensraum verortet ist, wo „das Sprechen über Christus wie der Apfel vom Baum fällt“. Misstrauisch würden orthodoxe Priester in Rumänien aufhorchen, sobald es um „sakrale Handlungen“ evangelischer Bestimmung an Gemeindemitgliedern der nationalen Mehrheitskirche geht, merkte Dr. Alexandru-Marius Cri{an als Dogmatik-Experte mit Sympathie und Verständnis für das Ökumenische an. Ein Grund zusätzlich für ZETO-Geschäftsführer Gerhard Servatius-Depner, den „Bukarester Missionskodex“ als eine Vorgabe zu erklären, die „nicht Menschen-Fischerei, sondern Ausstrahlung“ beabsichtigt.