Hermannstadt - In einem Dorf. In Siebenbürgen. Drehort eines amerikanischen Films. Hollywood-Feeling mitten im Nir-gendwo. Das kleine rumänische Dorf ist in Beschlag genommen durch ein amerikanisches Filmteam – Hektik, Terminabstimmungen und Profilneurosen bestimmen die Szenerie.
Zu Beginn: Essensausgabe für die Komparsen am Set. Die Hauptfigur Charlie möchte das Dessert, ein Zitronensorbet, für seinen Freund abholen, der gerade verhindert ist. Bekommt aber keins, weil zu viele Komparsen Schindluder an der Essensausgabe getrieben und gemogelt haben. „Heute ist ein Tag des Frohsinns“ wiederholt Charlie (Daniel Plier) zu Beginn des Stücks voller Zuversicht mehrere Male. Die andere Hauptfigur, Jake (Ali Deac), ein weiterer Komparse, stammt ebenfalls aus dem Dorf. Beide haben ihre Geschichte, erzählen sich von ihren Erfahrungen. Charlie hat ein Drehbuch geschrieben und verspricht sich von seiner Arbeit am Set ein berufliches Vorankommen. Jake war lange in Amerika – aber das Heimweh und der unerfüllte amerikanische Traum trieben ihn zurück in sein rumänisches Dorf in den Südkarpaten.
Es herrscht reges Treiben am Set – zwei Schauspieler schlüpfen in 15 Rollen: Männer und Frauen verschiedener Altersstufen und sozialer Klassen. Ein amerikanischer Star, ein englischer Regisseur, diverse Assisten-tinnen und Assistenten, Techniker, Komparsen und Dorfbewohner. Einer von ihnen: Ionu], ein Siebzehnjähriger, der Drogen nimmt und dazugehören will. Der von einer Schauspielkarriere und von Amerika träumt. Nach seinem gescheiterten Versuch, als Komparse aufgenommen zu werden, und einer Demütigung durch den Weltstar der Produktion nimmt er sich das Leben. Die Dorfbewohner stehen unter Schock, sind verwirrt, suchen nach Antworten. Zeichnen seine Geschichte nach, suchen nach der Verantwortung bei sich. Insbesondere Jake, sein Cousin, der durch den Star am Set gesteigerte Aufmerksamkeit erfuhr, fühlt sich schuldig.
Die Reaktion des amerikanischen Filmteams fällt nüchtern aus. Zwar verstehe man, dass man im Dorf trauere, dass eine Beerdigung stattfinde, aber man habe einen Zeitplan. Dieser muss eingehalten werden, denn jeder Tag kostet Geld. Die Gepflogenheiten und Traditionen der Dorfbewohner sind zweitrangig. Der Glitzer bröckelt, der Lack ist ab – das Geld regiert: Wichtig ist der, der aus der Welt des Geldes stammt.
Zwischen Lachen und Weinen, zwischen Frohsinn und Wehmut, zwischen Doppelmoral und Ungleichheit spielt das Stück auf der Klaviatur des Spiels mit den Träumen. Das Zitronensorbet vom Anfang wird so zu einem Symbol für das, was in unmittelbarer Nähe vor einem liegt und dennoch unerreichbar ist. Und zur Sichtbarmachung ungleicher Chancenverteilung.
Musikalisch begleitet wird das Stück auf dem Zymbal durch Romulus Cipariu, der das Publikum mit seinen Klängen in die rumänische Landschaft hineinzieht. Das Stück von Marie Jones, „Stones in his pockets“/„Steine in den Taschen“/ „Cu pietre în buzunar“ aus dem Jahr 1996 spielt im Original in Irland. Adaptiert wurde es von Daniel Plier, der auch Regie führte. Eine intensive Theatererfahrung und das Spiel mit den Mentalitäten sind mit diesem Stück garantiert.
Die nächste Vorstellung des Stückes findet am Donnerstag, den 14.11. um 19 Uhr im Studiosaal, Strada Emil Cioran 1A statt.