Ein Leben für Menschen in Not

Der Salvatorianerpater Berno Rupp wäre heute 90 geworden

Am heutigen Samstag wird in Meckenbeuren eines Salvatorianerpaters gedacht, der im Banat ganz viel bewegt hat: Berno Rupp (1935 – 2017), der heute 90 Jahre alt geworden wäre. Foto: Zoltán Pázmány

Vielen Menschen bleibt Berno Rupp als „der Pater mit der Gitarre“ in Erinnerung. Er sah nicht nur zu, sondern legte Hand an, wo seine Unterstützung gefragt war. Foto: Caritas Temeswar

Am heutigen Samstag, den 15. November, erinnert die Pater-Berno-Stiftung aus Deutschland an ihren Gründer und Namensgeber: Pater Berno Rupp (1935-2017), den „Pater mit der Gitarre“, der an diesem Tag 90 Jahre alt geworden wäre. Mit einem Gedenkgottesdienst, musikalischen Beiträgen u.a. Programmpunkten soll ab 10 Uhr in der Kirche St. Maria in Meckenbeuren an den Mann erinnert werden, der über Jahrzehnte hinweg Menschen in Deutschland und Rumänien zusammenführte – und aus seiner Überzeugung praktische Hilfe machte.

Die Veranstaltung in Meckenbeuren soll weniger eine Feier im traditionellen Sinn sein als vielmehr ein Zeichen des Dankes. Weggefährten, Unterstützer und Familienmitglieder wollen gemeinsam an das Leben eines Mannes erinnern, der die Nächstenliebe nicht nur predigte, sondern lebte. In einer Zeit, in der Armut und soziale Kälte wieder sichtbar werden, erscheint sein Wirken aktueller denn je. Bei der Gedenkfeier dabei ist auch der Geschäftsführer der Caritas Temeswar/Timi{oara, Herbert Grün. Der Salvatorianer-Pater hatte mehrere Sozialprojekte nach seiner Ankunft im westrumänischen Temeswar angeregt; diese wurden dann vom Caritas-Verband der Römisch-Katholischen Diözese Temeswar umgesetzt. Die Projekte des Paters gehen weiter, vor allem dank der finanziellen Unterstützung seitens der Stiftung, die seinen Namen trägt. Es handelt sich um das Nachtasyl für Obdachlose und das Frauenhaus für Opfer häuslicher Gewalt in Temeswar, sowie um die als „Pater Berno“-Haus bekannte Kindertagesstätte, die Altenheime „Johannes“ und „Franziskus“ und die „Pater Paulus“-Farm, in der Obdachlose beschäftigt sind, in Bakowa, im Kreis Temesch. 

Von der Gymnasiastenzeit zum Salvatorianerpater

Geboren wurde Berno Rupp 1935 in Bergatreute bei Ravensburg, als viertes von sechs Kindern. Schon früh entschied er sich für den geistlichen Weg und trat in das Gymnasium der Salvatorianer in Bad Wurzach ein, wo er 1955 das Abitur ablegte. Nach seiner Priesterweihe war er als Erzieher, Seelsorger und Lehrer tätig. Er wirkte als Kaplan in Stuttgart und München und war dann als Volksmissionar in Deutschland, Österreich, Tirol und der Schweiz tätig. In der Zwischenzeit zog seine Familie nach Meckenbeuren, wo er 1962 seine Primiz feierte. 

Doch sein Engagement reichte über die Grenzen der Kirche hi-naus. Pater Berno verstand seinen Auftrag nicht allein als religiöse Berufung, sondern als Verpflichtung, dort zu handeln, wo Menschen in Not waren. Diese Haltung prägte sein weiteres Leben und brachte ihn später in ein Land, das ihm zur zweiten Heimat wurde: Rumänien.

Die Anfänge in Temeswar

Im Jahr 1990, kurz nach dem politischen Umbruch in Osteuropa, kam Pater Berno Rupp nach Temeswar. Was zunächst als Besuch gedacht war, entwickelte sich rasch zu einer lebenslangen Mission. Er sah die Armut, die Einsamkeit und den Mangel an Perspektiven, die das Land nach den schweren Jahren der kommunistischen Diktatur prägten. Vor allem die Straßenkinder, die vielen Obdachlosen, die Menschen, die in den Kanälen der Stadt lebten, beeindruckten ihn. Er sah allerdings nicht nur zu, sondern handelte. 

„Ich habe damals gespürt, dass hier Menschen auf Hilfe warten“, soll er später einmal gesagt haben. Doch er wollte nicht bloß kurzfristige Unterstützung leisten. Sein Ziel war es, Strukturen zu schaffen, die Bestand haben – Projekte, die Hoffnung spenden und den Menschen Selbstvertrauen geben.

So entstand 1992 das Netzwerk, das Jahre später zur Pater-Berno-Stiftung wurde. Unter dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“ begann er mit Freiwilligen aus Deutschland und Rumänien, konkrete Hilfsprojekte aufzubauen: Suppenküchen, Kinderbetreuung, Frauenhäuser, Altenhilfe und Bildungsprogramme. In Herbert Grün, dem beherzten Caritas-Direktor in Temeswar, fand er sofort einen Verbündeten. Gemeinsam riefen die beiden Sozialprojekte ins Leben, die bis heute andauern. 

Die Kraft der Gemeinschaft

Der charismatische Salvatorianerpater, der 2005 zum Ehrenbürger von Temeswar ernannt wurde, verstand es wie kein anderer, die Menschen zu begeistern. Mit seiner Gitarre, seiner offenen Art und einem unerschütterlichen Humor schuf er Nähe, wo sonst Distanz herrschte. Seine Auftritte bei Benefizveranstaltungen waren legendär – nie als Bühnenereignis, sondern als Begegnung. Das Gleiche tat er auch in Temeswar, wo er oft zur Gitarre griff und durch die internationale Sprache Musik die Herzen der Menschen berührte. 

Wer ihn kannte, erinnert sich an seinen pragmatischen Stil: keine großen Worte, aber Taten, die Wirkung zeigten. Wenn in Temeswar Heizmaterial fehlte, organisierte er Holzlieferungen. Wenn Kinder keine Schuhe hatten, sammelte er Spenden in der Heimatgemeinde. Und wenn in Rumänien ein Heim für verlassene Kinder zu schließen drohte, schrieb er Briefe, bat um Unterstützung – und fand sie meist. Selbst nach einem schweren Autounfall, der ihn physisch beeinträchtigte, machte er unermüdlich weiter und sprang ein, wo Not herrschte. 

Dank seiner Beharrlichkeit und seines Netzwerks entstand eine Vielzahl sozialer Einrichtungen: Tagesstätten für Kinder, Suppenküchen für Bedürftige, Unterkunft für Obdachlose.

Hilfe, die bleibt

Das Besondere an seinem Ansatz war, dass er stets lokale Verantwortung förderte. Pater Berno sah seine Aufgabe darin, Menschen miteinander in Beziehung zu bringen, über Länder- und Kulturgrenzen hinweg. „Für uns war er ein engagierter und sehr wichtiger Partner. Ein Mensch, den wir nie vergessen werden“, sagt Caritas-Direktor Herbert Grün heute. Viele der Menschen, die der Caritas und dem Pater nahestanden, erinnern sich gerne an Pater Berno zurück. 

Die Pater-Berno-Stiftung, die 2011 ins Leben gerufen wurde, setzte und setzt die Grundidee hinter dem Wirken des Salvatorianerpaters fort. Sie arbeitet bis heute mit Partnern in Deutschland und Rumänien zusammen, unterstützt die Sozialprojekte der Caritas Temeswar, organisiert Hilfstransporte und fördert Freiwilligendienste.

Nach seinem Tod 2017 übernahm ein engagiertes Team die Stiftungsleitung. Die Grundidee blieb jedoch unverändert: Menschlichkeit als praktische Aufgabe. Viele der Projekte tragen die Handschrift von Pater Berno in der Art, wie Hilfe organisiert wird: direkt, unbürokratisch und respektvoll.

Zwischen Deutschland und dem Banat

Obwohl Pater Berno über Jahrzehnte in Temeswar tätig war, blieb seine Verbindung zum Bodenseeraum eng. Meckenbeuren wurde zum organisatorischen Mittelpunkt seiner Arbeit, ein Ort, an dem Spenden gesammelt, Transporte koordiniert und neue Ideen geboren wurden.

Aus dem kleinen Kreis um den „Pater mit der Gitarre“ entstand ein Netzwerk aus Hunderten von Unterstützern. Schulen, Kirchengemeinden und Vereine beteiligten sich an Aktionen, sammelten Kleidung und Lebensmittel, organisierten Benefizkonzerte oder halfen beim Transport der Hilfsgüter. Seine Familie stand ihm stets zur Seite – und unterstützt auch heute die Projekte, die der Pater im Banat ins Leben gerufen hat. 

Auch in Rumänien wurde seine Arbeit geschätzt. In Temeswar und Umgebung sprach man respektvoll von „Pater Berno“, der stets Zeit hatte für ein Gespräch, einen Rat oder ein Lied. Seine Gitarre war dabei mehr als ein Instrument – sie war Symbol seiner Haltung: Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, Freude zu teilen, auch in schwierigen Zeiten.

Fortsetzung eines Vermächtnisses

Das Gedenken am 15. November ist nicht nur eine Rückschau, sondern auch ein Aufruf, das begonnene Werk fortzuführen. Die Stiftung will an diesem Tag die Wohltätigkeitsprojekte vorstellen, die weiterhin auf die Unterstützung der Förderer angewiesen sind. 

Die Erinnerung an Pater Berno ist lebendig geblieben – nicht nur in den Gebäuden, die dank seiner Initiative entstanden, sondern in den Geschichten der Menschen, denen er geholfen hat.

Wenn am heutigen 15. November in der Kirche St. Maria Lieder gespielt werden, dann wird darin mehr mitschwingen als bloße Nostalgie. Es ist der Dank an einen Mann, der beide Welten kannte, die wohlhabende Bodenseeregion und die armen Stadtviertel von Temeswar, und sie miteinander verband.

An diesem Tag hätte Pater Berno Rupp seinen 90. Geburtstag gefeiert. Er suchte nie das Rampenlicht, und doch hat sein Wirken viele Leben erhellt. Was einst in einem schwäbischen Dorf begann, fand seinen Widerhall in den Herzen der Menschen weit über die Grenzen hinaus. Besonders in Rumänien, wo sein Name bis heute mit Güte und Hoffnung verbunden bleibt.