Die Tatsache, dass Anfang Februar ein PSD-Bürgermeister abdankte, weil er die rumänische Staatsbürgerschaft mit der deutschen tauscht, war selbst in den elitären Bukarester Medien eine Nachricht wert: Mircea Gică Ciobîcă, der PSD-Bürgermeister von Eisenstein/Ocna-de-Fier bei Bokschan im Banater Erzgebirge, verständigte den Gemeinderat per E-Mail, dass er ab dem 1. Februar der Gemeinde nicht mehr als Bürgermeister zur Verfügung stehe – also, dass er mit diesem Datum abdankt.
Gică Ciobîcă hatte sich zuerst für einen Deutschlandbesuch Urlaub genommen, dann diesen durch unbezahlten Urlaub verlängert, schließlich seine Familie nachgeholt, weil Bekannte ihm einen akzeptablen Arbeitsplatz besorgt hatten und, als auch die Familie damit einverstanden war, entschieden, dass sie ab 2015 in Deutschland ihr Glück versuchen wollen. Daraufhin kam die E-Mail und viele der Ratsherren der Gemeinde fielen aus allen Wolken. Präfekt Silviu Hurduzeu fügte sich den Tatsachen, konstatierte, wie gesetzlich geregelt, den Tatbestand und dass das Mandat des Bürgermeisters von Eisenstein beendet ist, wonach er verfügte, dass der Gemeinderat entscheiden möge, ob die einzige Lösung in diesem Fall gangbar sei: dass der bisherige Vizebürgermeister – wie de facto schon seit Längerem – die Amtsgeschäfte übernimmt.
Und, vor vollendete Tatsachen gestellt, nahm der Gemeinderat das Rücktrittsgesuch an und die Dokumente des Präfekten zur Kenntnis und entschied das einzig Mögliche: Vizebürgermeister Mircea Ungurean übernimmt bis zu den Neuwahlen – die landesweit, also durch Regierungsbeschluss, ausgeschrieben werden müssen, weil sehr viele Posten vakant geworden sind – die Amtsführung. In der Abdankungs-E-Mail schreibt Gică Ciobîcă dem Gemeinderat, er trete „aus persönlichen Gründen“ zurück, was grundsätzlich auch stimmt, auch wenn diese „persönlichen Gründe“ durch zahlreiche makroökonomische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen beeinflusst sind. Er ist ein Nachkomme von Bergleuten, die in den 1960er Jahren aus Oltenien, wo sie überwiegend in der Landwirtschaft tätig waren, angeworben wurden, als – zum vorläufig letzten Mal in der Montangeschichte des Banater Berglands – der Versuch unternommen wurde, die Erzförderung (aus einem zu jenem Zeitpunkt bereits weitgehend erschöpften Lager, jenem von Eisenstein-Dognatschka, aber auch im Raum südlich von Orawitza) neu anzukurbeln und neben der Eisen- und Buntmetallgewinnung (Kupfer, Blei, Zink u.a.) auch der Edelmetallgewinnung (Gold, Silber) neue Impulse zu verleihen, was in den Erfolgsberichten damaliger Grubenleitungen in Bokschan durchaus als gelungen hingestellt wurde, in Wirklichkeit aber ein Fiasko war.
Als die Bergleute dann zunehmend auf mehr oder weniger stark radioaktive Schichten stießen und in den 1970er Jahren erste ernsthafte Gesundheitsprobleme der Arbeitnehmer der Gruben auftauchten, bis hin zu den Bergbauingenieuren (die oft gar nicht unter Tage arbeiteten), setzte sich allmählich und vorsichtig der Gedanke des endgültigen Einstellens des Bergbaus im Banater Erzgebirge durch und aus den Bergleuten und ihren Nachkommen wurden Pendler in Richtung Bokschan oder Reschitza – bis auch dort zuerst die Schwerindustrie, später dann nahezu die gesamte (monoindustriell orientierte) Wirtschaft zum erliegen kam. Im Sinne dieser Entwicklungen der letzten 35-40 Jahre im Banater Erzgebirge ist der Weg von Mircea Gică Ciobîcă aufschlussreich und beispielhaft, einschließlich hinsichtlich seiner Entscheidung, seine und die Zukunft seiner Kinder in Deutschland zu erarbeiten.