Jedes Jahr veröffentlicht die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Rahmen einer Studie die Bildungssysteme diverser Industriestaaten. Der diesjährige OECD-Bericht „Bildung auf einen Blick“ wurde vergangene Woche vorgelegt. Der Bericht liefert basierend auf den OECD-Daten von 2024 auch einen umfassenden Überblick über die Stärken und Herausforderungen des Bildungssystems in Rumänien. Im Zentrum stehen dabei u.a. Themen wie Chancengleichheit, die Auswirkungen von Bildungsabschlüssen auf das Berufsleben und finanzielle Investitionen im Bildungssektor.
Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen der Bildung
In Rumänien zeigt sich, dass Menschen ohne einen höheren Schulabschluss signifikant schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Nur 48 Prozent der 25- bis 34-Jährigen ohne Sekundarschulabschluss sind beschäftigt (der OECD-Durchschnitt liegt hier bei 61 Prozent), während bei denjenigen, die über einen höheren Abschluss verfügen, die Beschäftigungsquote bei 79 Prozent liegt. Dies ist ein entscheidender Aspekt, da sich die negativen Folgen eines niedrigen Bildungsniveaus auf das gesamte (Berufs-)Leben auswirken können.
Interessant ist auch, dass Frauen in Rumänien, wie in vielen OECD-Ländern, tendenziell bessere Bildungsergebnisse als Männer erzielen. 26 Prozent der rumänischen Frauen zwischen 25 und 34 Jahren haben einen Hochschulabschluss im Vergleich zu 19 Prozent der Männer. Die Diskrepanz ist hier geringer als im OECD-Durchschnitt (54 Prozent der Frauen gegenüber 41 Prozent der Männer).
Soziale Herkunft hat erheblichen Einfluss auf Chancengleichheit
Ein signifikanter Faktor für den Bildungserfolg ist nach wie vor der Einfluss des Bildungsstandes der Eltern. In Rumänien haben 90 Prozent der Erwachsenen, deren Eltern einen Hochschulabschluss haben, selbst einen vergleichbaren Abschluss erreicht. Bei Erwachsenen, deren Eltern demgegenüber einen niedrigeren Bildungsabschluss haben, sinkt diese Quote dramatisch. Kinder von Eltern ohne höhere Schulbildung haben daher eine viel geringere Wahrscheinlichkeit, selbst einen Hochschulabschluss zu erreichen.
Diese soziale Ungleichheit zeigt, dass der Bildungserfolg in Rumänien stark von den familiären Verhältnissen abhängt. Dies gilt nicht nur für den Zugang zu höherer Bildung, sondern auch für die Qualität der Schulausbildung. Der OECD-Bericht betont zudem die Bedeutung von frühkindlicher Bildung, um diese Unterschiede frühzeitig zu kompensieren. Derzeit nehmen 81 Prozent der Kinder in Rumänien frühkindliche Bildung in Anspruch, was jedoch weiterhin unter dem OECD-Durchschnitt von 96 Prozent liegt.
Zu geringe Investitionen in Bildung
Der diesjährige Bericht belegt, dass Rumänien im Bereich der Investitionen im Bildungssektor weiter hinterherhinkt. Im Vergleich zu anderen OECD-Ländern investiert der rumänische Staat relativ wenig in Bildung. Mit einem Anteil von 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Bildungsausgaben liegt das Land weit unter dem OECD-Durchschnitt von 4,9 Prozent. Besonders auffällig ist die niedrige Pro-Kopf-Ausgabe im Bildungssystem: Während Rumänien umgerechnet etwa 6279 US-Dollar pro Schüler ausgibt, liegt der OECD-Durchschnitt bei 14.209 US-Dollar. Diese finanzielle Divergenz zeigt sich dementsprechend auch in der Ausstattung und der Qualität der Bildungseinrichtungen.
Lehrermangel und Unterrichtsumgebung
Ein weiteres zentrales Thema ist der Mangel an Lehrpersonal. In Rumänien gibt es insbesondere in den Fächern Mathematik, Naturwissenschaften, Sport und Kunst deutliche Engpässe, stellt der Bericht fest. Die Lehrergehälter sind im Vergleich zu anderen Industriestaaten vergleichsweise niedrig, liegen jedoch etwa 37 Prozent über dem durchschnittlichen Mindestgehalt für Lehrer. Auch wenn die Arbeitsbelastung der Lehrer in Rumänien mit 513 Stunden Unterricht pro Jahr unter dem OECD-Durchschnitt von 706 Stunden liegt, stellt der Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal eine ernstzunehmende Herausforderung dar.
Die Schüler-Lehrer-Quote ist ein weiterer Indikator für die Qualität des Bildungssystems. In der Grundschule kommen in Rumänien 18 Schüler auf einen Lehrer, was deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 14 liegt. In der Sekundarstufe sinkt diese Zahl auf elf Schüler pro Lehrer im Vergleich zu 13 im OECD-Durchschnitt.
Die im OECD-Bericht veröffentlichten Daten zeigen, dass Rumänien auf einem guten Weg ist, aber auch noch erhebliche Anstrengungen nötig sind, um die Chancengleichheit und Qualität der Bildung für alle Schüler zu gewährleisten.