Randbemerkungen: Friedensprävention

Denkmäler für Kriegsopfer/Siege haben es in sich. Heldenmut und Opfergeist der Siegerseite wird „gefeiert“. Auf der anderen Frontseite wird implizite das auf der Siegerseite Hochgelobte herabgewürdigt, als wären Tote nicht gleich beklagenswert. Nicht die Ideologen und Gegenideologen, die Kriege anzetteln, sind die Opfer, immer diejenigen, die kraft ihres Status` der zum Ausführen Verdammten ihre Haut zum Markte tragen. Versuche, nicht „die Unseren“ gegen „die Ihrigen“ hochzuloben, den Triumph humanitärer Werte über die Inhumanität (aus Siegersicht: immer der anderen) hervorzukehren, stehen auf tönernen Füßen. Jeder Triumph humanitärer Werte über die Inhumanität konkretisiert sich durch vorangehendes brutales Morden, durch Vernichtung der „anderen“ (Dresden 1945…, Guernica 1937…, 872 Tage blokada Leningrada…), der geschichtlich „Bösen“, die oft genauso denken wie die geschichtlich „Guten“. Geschichte ist die Geschichte der Sieger. Sieger haben immer Recht. Das 20. Jahrhundert brachte eine Kriegsform, die gezielt die physische und moralische Vernichtung der Gegner verfolgt.

Bis zum Ersten Weltkrieg hat niemand Zweifel an erklärten Kriegszielen geäußert. In vormoderner Zeit kämpften die Europäer „für Gott“. In moderner Zeit „für König und Vaterland“. Gott und Patriotismus standen außer Zweifel. Edle Ziele, die jedes Opfer rechtfertigten.

Als Zweifel an den hehren Zielen von Kriegen aufkamen, wurde der Pazifismus geboren. 1914, beim Ausbruch des ersten Weltkriegs, erdrosselte Begeisterung den Pazifismus. Zwei Millionen Kriegsopfer – und 21 Millionen Kriegsversehrte – machten den Pazifismus wieder stark. Noch glaubte man aber, dass die Gefallenen sich für was Edles und Wertvolles „geopfert hatten“ – aber die Konkretisierung von „edel“ und „wertvoll“ wurde nebeliger.

„Geopfert hatten“ wandelte sich unmerklich in „geopfert wurden“.

Treffend schreibt W.Gerhardie („The Polyglots“, 1925) „Ihre Toten sind – nicht mehr, aber auch nicht weniger – die Opfer der Verrücktheit von Erwachsenen, die, nachdem sie die Welt in einem absurden Krieg geworfen haben, jetzt Denkmale bauen, um ihre Fehler auszuwetzen.“ Der zweite Weltkrieg forderte 15 Millionen Soldatenopfer und 25 Millionen Kriegsversehrte/Verwundete. Die zivilen Opfer (Grippe-Pandemie, Vertreibungen, Verschleppungen, Völkermord, Shoah) mitgerechnet, kosteten beide Weltkriege 200 Millionen Opfer – etwa ein Zehntel der damaligen Weltbevölkerung.

Trotzdem haftet seit dem zweiten Weltkrieg an Begriffen wie „befrieden“, „versöhnen“/„versöhnlich stimmen“ ein Makel (schuld ist u.a. W.Churchill, der seit Chamberlain 1938 von „friedlichen Lösungen“ nichts hören wollte).

Trotzdem: Demokratie ist keine Garantie für friedliche Lösungen/Absichten. Bilanzen von Kriegen, die Demokratien ausgelöst haben, sind katastrophal… auch jüngst, und abgesehen vom mittelalterlichen Russland. „Notwendige Kriege“ (Bismarck), „gerechte Kriege“ (demokratischer Idealisten, die wie Missionare nicht „Frieden“ sondern eine neue Art „Konvertierung“ verfolgten: „Menschenrechte“, das neue Evangelium) – alles Gründe zum Zweifeln (u.a. auch an der Recht-Fertigung des Israelkriegs im Gaza-Streifen).

Art. 51 der Uno-Charta nennt Selbstschutz die alleinige Kriegsrechtfertigung – ein sehr elastischer Begriff. Hat die USA in Vietnam, Afghanistan („präventiven“) Selbstschutz geübt? Im Irak? Russland in der Ukraine? Selbst-Schutz?

Acht Jahrzehnte relativ globaler Frieden (trotz regionaler Konflikte) nach Weltkrieg II waren (zu?) viel. Leider dauert kein relativer Friede ewig. Weil Friedensverträge fatal fehlerhaft sind (Versailles!!). Weil aufkommende Mächte (China) auch globale Herrschaftsansprüche erheben. Weil menschliche Gesellschaften nach zu viel Ruhe unruhig werden, sich in neue Blöcke organisieren. Weil globale Katastrophen nicht abschrecken.

Friedensprävention tut not.