Irgendwann haben wir alle von ihm gehört: dem legendären König Artus und seinen Rittern der Tafelrunde und dem Zauberer Merlin. Die Heldentaten von Lancelot und seine Liebe zu Königin Guinevere lieferten den Stoff für Spielfilme und Romane und hatten eine Kulisse, deren tatsächlichen Standort auch heute noch viele suchen: die magische Insel Avalon, inmitten eines Sees und umgeben von einem Nebel, den nur Eingeweihte durchdringen können.
Die Suche nach der Insel, dem Grab von König Artus und seiner Gattin Guinevere hat sehr früh – schon um 1189 – begonnen. Damals veranlasste König Richard „Löwenherz“, dass in den Sümpfen um das Kloster Glastonbury nach Spuren seines sagenhaften Vorgängers auf dem Königsthron, dem Urvater seiner Dynastie, gegraben wurde. So wurde auf einem alten Friedhof ein Grab entdeckt, welches dem „berühmten König Artus“ zugeschrieben wurde. Das ging jedenfalls hervor aus der lateinischen Inschrift auf einem bleiernen Kreuz, welches im Grab gefunden wurde.
Glastonbury
Damit wurde Glastonbury und Umgebung zum greifbaren Punkt zwischen Legende und Wirklichkeit – und ist es bis heute geblieben. Die Kleinstadt in Somerset (Bezirk Mendip, England) hat heute etwa 8800 Einwohner und wird in allen Reiseführern des Vereinigten Königreichs wegen den Ruinen der Glastonbury Abtei erwähnt. Andererseits weisen Mythen und Legenden um den nahe gelegenen Hügel, bekannt als Glastonbury Tor, den Ort als „das sagenhafte Avalon“ aus. Da es über die Gründung der Stadt und des Klosters keine gesicherten Angaben gibt, spielte hier die traditionelle Überlieferung eine besondere Rolle und legte diese bis in die Zeiten der Jünger Jesu oder zumindest in die einer christlichen Siedlung aus dem 2. Jahrhundert zurück. Forscher, deren Erkenntnisse in Stadtführern festgehalten sind, sind sich einig, dass erst das 6. Jahrhundert der wahrscheinliche Gründungszeitraum ist. Nachweislich wurde um 705 das Kloster bei Glastonbury von Ine, dem König von Wessex, erneut gegründet und ab 940, als die Regel Benedikts eingeführt wurde, gibt es zahlreiche gesicherte Angaben in mehreren Chroniken. Doch keine dieser Quellen kann darüber Aufschluss geben, ob Artus bei Glastonbury gelebt hat, geschweige denn wann.
König Artus
Artus, Arturio oder Arthur ist eine Sagengestalt, die in vielen literarischen Werken des europäischen Mittelalters in unterschiedlichem Kontext und unterschiedlicher Bedeutung auftaucht. Britische Chroniken erwähnen seine Beteiligung an mehreren Kämpfen gegen die eindringenden Angeln, Jüten und Angelsachsen um 500 n. Chr. Ab dem 12. Jahrhundert wurden diese Geschichten in der höfischen Literatur ausgeschmückt und in ihre klassische Form gebracht, unter der wir sie heute kennen.
Der historische Ursprung der Artus-Geschichte wird in der Zeit der Völkerwanderung vermutet, als nach dem Abzug der römischen Legionen die römisch-britische Bevölkerung sich gegen aus dem Norden eindringende Angelsachsen zur Wehr setzte.
In den frühesten historischen Quellen, die Artus erwähnen – die bekannteste ist Historia Brittonum („Geschichte der Briten“) aus dem späten 9. Jahrhundert – taucht ein britischer Heerführer um 500 n. Chr. auf, der vielleicht als Vorbild der Sagen gedient hat. Die ausführlicheren Darstellungen aus dem Hochmittelalter enthalten dann etwas mehr Angaben, so die Historia Regum Britanniae („Geschichte der Könige Britanniens“) des Geoffrey of Monmouth um 1135. All diese Quellen sprechen von Avalon, doch nicht von Glastonbury.
Die Verbindung hierher entstand erst später, als die Literatur um König Artus zugenommen hatte und sein Name auch auf dem Festland, vorwiegend in Frankreich, bekannt wurde.
Richard „Löwenherz“, der sich mit seinen Vorfahren auf dem Thron Englands befasste, ging wohl mündlichen Überlieferungen nach und veranlasste die Ausgrabungen bei Glastonbury. Der Ahne, nach dem gesucht wurde, war ein legendärer Anführer, welcher die Verbindung zwischen den früheren Besatzern, den Römern, und dem Königshaus herstellen sollte. Kein Wunder, dass sich am Königshof also das Bedürfnis regte, etwas materiell Greifbares präsentieren zu können. Und es wurde auch ans Tageslicht gebracht: ein Baumsarg mit zwei Skeletten. Eines gehörte einem stämmigen Mann, dessen Schädel mehrere Wunden aufwies, ein zweites einer Frau mit blondem Haar. Die Geschichte um den Fund erzählt, dass einer der anwesenden Mönche versucht habe, das Haar zu fassen, doch dieses sei zu Staub zerfallen. Diese Entdeckung war der Auslöser, welcher Glastonbury und das Kloster ab 1191 in Verbindung mit Avalon brachte. Die beiden Skelette wurden König Arthur und seiner Gattin Guinevere wegen einem – inzwischen verschollenen - Bleikreuz mit der Inschrift: „Hic iacet sepultus inclitus rex Arturius in insula Avalonia“(Hier liegt der berühmte König Artus mit seiner zweiten Frau Wenneveria auf der Insel Avalon begraben) zugeschrieben. Allerdings befand sich das Grab 1191 neben dem Kloster nicht auf einer Insel, sondern auf dem Friedhof, wo mehrere Generationen Mönche ruhten.
Aber die Nachricht vom Fund war damals willkommen: Artus hatte wirklich gelebt und das Grab mit der Inschrift auf dem Kreuz war geeignet, alle Zweifler verstummen zu lassen.
Die Chronisten fügten die Königsgestalt in die bekannte Geschichte ein: Geoffrey von Monmouth, der seine Historia Regum Britanniae 1136 geschrieben hatte, als er der Canon der St George’s Chapel im Oxford Castle in Oxford war, hatte nur aufgrund von Legenden mit Troja begonnen. Unter den erwähnten Herrschern sind: Brutus von Britannien, der die britische Kolonie gründete, König Lear, von Shakespeare übernommen, Cassivellaunus, König der Briten zur Zeit der Invasion Caesars, Lucius von Britannien, der erste christliche König in Britannien und dann erst Artus, der berühmteste der legendären Könige.
Das Kloster heute
Die Fundstelle des Baumsargs ist heute zu besichtigen, auf einem gepflegten Rasen neben den Klosterruinen, welche jährlich Tausende von Besuchern anziehen. Doch diese kommen nicht nur wegen den König Artus-Sagen, sondern auch wegen dem Glastonbury Festival of Contemporary Performing Arts. Das erste Festival auf der Worthy Farm des Milchbauern Michael Eavis in der Nähe des Dorfs Pilton fand am 19. September 1970 als „Pilton Pop, Blues & Folk Festival“ statt. Rund 1500 Zuschauer sahen Auftritte von Marc Bolan, Keith Christmas, Stackridge, Al Stewart und Quintessence, im Eintrittspreis von einem Pfund war freie Milch inbegriffen. Auf dem Gelände wurde in den Jahren ein Megalith-Kreis aufgestellt, allerdings ohne historischen Ursprung.