Wo die wilden Blumen blühen

Frühlingswanderungen durch bunte Wiesen und Täler

Tausende Märzenbecher wachsen auf dem „Wirbelplateau“/Platoul Vârtoapelor, Hunedoara.

Idylle pur: die Narzissenwiese in Tecșești, Kreis Alba | Fotos: Paul Dobra

Wilde Iris blühen in der Umgebung des Felsens Piatra Ceții.

Die Schachbrettblume steht unter Naturschutz und kann im Banat u. a. im Naturreservat Pogăniș-Au bewundert werden. | Foto: Diana Lupulescu

Wenn der Schnee auf den Bergspitzen zu schmelzen beginnt und die Sonne scheint, dann erwacht auch die Natur zu neuem Leben. Wälder und Wiesen werden wieder grün und die Pflanzenpracht erstrahlt in den vielfältigsten Farben. Diesem Spektakel der Natur können auch wir zusehen, wenn wir unsere Wanderschuhe anziehen und uns an jene Orte begeben, wo die wilden Blumen blühen. Drei dieser Orte stellen wir hier auf unserer Tourismusseite vor.

Schachbrettblume

Sie sieht zart und zerbrechlich aus, doch sie ist anspruchslos und hält auch dem kältesten Wetter stand. Kein Wunder: Sie blüht gerade dann, wenn das Wetter am wechselhaftesten ist, Ende März – Anfang April. Die Schachbrettblume (Fritillaria meleagris) gehört zu den schönsten Frühlingsblumen im Banat, man darf sie aber nur inmitten der Natur oder im eigenen Garten – sollte man Knollen gekauft und diese vorher gepflanzt haben – bewundern. Sie pflücken und in die Vase stecken ist strengstens verboten, denn die Schachbrettblume steht unter Naturschutz. In den Wäldern des Banats gibt es mehrere Orte, an denen das Liliengewächs mit dem gescheckten Muster wächst. 

Einer davon ist die Pogșniș-Au/ Lunca Pogănișului in der Nähe von Nitzkydorf, dem Heimatort der Nobelpreisträgerin Herta Müller. Von Temeswar/Timișoara aus sind es knapp 40 Kilometer bis zur Au des Pogăniș-Baches. Die Ausfahrt erfolgt über Neumoschnitza/ Moșnița Nouă, man fährt weiter bis Chevereș und biegt rechts ein nach Wukowa und Nitzkydorf. Eine andere Möglichkeit, die Pogăniș-Au zu erreichen, ist über Türkisch-Sakosch/Sacoșul Turcesc und das Dorf Berini – dafür muss man, nach der Überquerung des Temesch-Flusses, an der Straßenabzweigung rechts einbiegen. Die Pogăniș-Au ist ein 75,5 Hektar großes Naturschutzgebiet, weitaus unbekannt, noch recht wild. Ein Ort, an dem der Mensch bisher kaum eingegriffen hat. Dort, in einem Laubwald von Eichen, Buchen und Ulmen, blüht die zarte Frühlingsblume, deren Existenz durch die Berner Konvention geschützt ist. Man kann einen Tagesausflug in die Pogăniș-Au unternehmen, an der frischen Luft spazieren gehen und die Blume bewundern. In Rumänien wächst die Schachbrettblume in mehreren Landeskreisen, u. a. in der Klamm der Schnellen Kreisch/Crișul Repede, in der Thorenburger Schlucht/Cheile Turzii, am Ufer des Alt/Olt, in Honigberg/Hărman oder im Reservat Domogled-Cerna-Tal. 

Märzenbecher-Wald

Tausende und Abertausende „Schneeglöckchen“ in einem Wald – das können Touristen auf dem sogenannten „Wirbelplateau“/Platoul Vârtoapelor im Kreis Hunedoara bewundern. Eigentlich sind es Frühlingsknotenblumen, die „kleinen Schwestern“ des Schneeglöckchens, die dort, im Broos-Gebirge, von Mitte März und bis Ende April blühen. Der Ort liegt in der Gegend der Ortschaft Grădiștea de Munte und ist mit dem Auto erreichbar. Ein kurzer Spaziergang durch die Natur ist dennoch notwendig, um zu den Märzenbechern, wie die Blume auch heißt, zu gelangen. Die ideale Zeitspanne, um den fast zehn Hektar großen Wald voller Frühlingsknotenblumen zu bewundern, ist vom 15. März bis zum 15. April, je nachdem, wie warm es draußen ist.

Da die Strecke nicht gekennzeichnet ist, ist es wichtig, sich bei den Ortseinwohnern nach dem Weg zu erkundigen. Von dem Ort, an dem das Auto abgestellt wird, geht es an einem Friedhof vorbei und durch einen Holzzaun hindurch, danach überquert man einen Bach und biegt rechts ab, um die Forststraße zu erreichen, die zum „Wirbelplateau“ führt. Nach einem zirka 45 Minuten langen Aufstieg mit etwa 300 Metern Höhenunterschied ist die Hochebene erreicht. Es ist ein grasbewachsener Grat, über den man in den Wald gelangt, der die vielen Märzbecher beherbergt. Zuallererst betritt man einen Bärlauchteppich, dann erst folgt der weiße Teppich voller Frühlingsknotenblumen. Auch wenn die Versuchung groß ist, die Blumen zu pflücken, sollte man es lieber lassen. Schließlich wollen sich auch andere Wanderer an dem bezaubernden „Schneeglöckchenwald“ erfreuen. 

Da der Weg bis dorthin nicht gerade kurz ist, ist es empfehlenswert, mindes-tens eine Übernachtung irgendwo im Grădiște-Tal zu buchen, oder am besten das Wochenende dort zu verbringen. Es gibt jede Menge Pensionen  in der Gegend, wobei die Preise bei etwa 180 Lei pro Übernachtung im Doppelzimmer beginnen. 

Ebenfalls in der Nähe befinden sich die Überreste des einstigen Militärstützpunktes und zugleich der Hauptstadt des Dakerreiches, Sarmizegetusa Regia, aber auch jene der Daker-Festung Costești-Cetățuie, die man besichtigen kann. 

Narzissenwiese

Im Kreis Alba liegt ein verborgenes Naturreservat, dessen Besuch sich im Frühling ebenfalls lohnt. Die Narzissenwiese von Tecșești lockt im Mai Naturliebhaber von überall an, die sich an der Schönheit der wilden Narzissen erfreuen wollen. Bekannte Narzissenwiesen gibt es auch noch in Saca, im Rodnei-Gebirge oder in Negrileasa im Westgebirge. 

Um zur Narzissenwiese von Tecșești zu gelangen, muss man zuerst bis zum Felsen Piatra Ceții steigen, der sich an der Grenze zwischen den Gemeinden Galda und Koliben/Întregalde befindet. Dies ist nur eine der Wegvarianten. Eine andere ermöglicht es, mit dem Auto näher ran zu fahren, auf einer Straße, die von der Galda-Wiese/Poiana Galdei bis zum Dorf Răicani führt. Achtung jedoch: Die Straße ist schlecht und windet sich in Serpentinen bergauf. Nach der Ausfahrt bei Răicani muss man weiter in Richtung Tecșești fahren – ein pittoreskes Dorf, in dem nur noch wenige Familien zu Hause sind. Tecșești ist auch zu Fuß zu erreichen, auf einem Pfad, der am Eingang in die Remeți-Klamm beginnt. Die Wanderung über diese Strecke dauert zirka zwei Stunden. 

In Tecșești gibt es ein Wegzeichen, das die Richtung zum Felsen Piatra Ceții und zur Narzissenwiese weist, in  wenigen Minuten ist man  dort. Das Reservat befindet sich praktisch im Hof eines Dorfbewohners, der die Blumen seit Jahren schützt und der sich über den Besuch der Schaulustigen freut. Der weiße Narzissenteppich, der sich zwischen den Obstbäumen erstreckt, ist ein absoluter Blickfang. 

Wilde Iris

Von dort dauert es etwa eine Stunde zu Fuß bis zum Fels Piatra Ceții. Der Aufstieg ist nicht schwer, doch man muss schon aufpassen, um nicht auszurutschen. Ringsherum blühen Dutzende Frühlingsblumen, darunter auch lilafarbene wilde Iris. Die Blütenpracht ist vielfältig und bunt. Auch oben, auf dem Plateau, wachsen wilde Narzissen. Das Panorama ist atemberaubend: Vom Felsen Piatra Ceții kann man das Dorf Tecșești, die Întregalde-Klamm, den Fels Piatra Craivii im Süden und die Râmeți-Klamm im Norden bewundern. Erschöpfte Wanderer können sich an der frischen Luft ausruhen und einen Imbiss zu sich nehmen, bevor man sich glücklich und erfrischt wieder auf den Nachhauseweg macht.