Bukarest (ADZ) - Nach fast fünf Jahren Prozessdauer hat BCR, die größte rumänische Bank und Tochter der österreichischen Erste Bank, am Dienstag eine Sammelklage gegen 207 Kunden verloren. Der Oberste Gerichtshof stufte dabei mehrere Klauseln in Kreditverträgen, anhand derer die Bank einseitig den Zinssatz verändern konnte, als missbräuchlich ein. Die BCR ist nun verpflichtet, die Kreditverträge der Kläger zu ändern und die Rückzahlungsbedingungen den Änderungen anzupassen, so der Sitzungsbericht des Obersten Gerichtshofs. Für die 207 Kunden sollte dies kleinere Ratenzahlungen zur Folge haben. Die BCR erklärte ihrerseits, noch auf die genaue Urteilsbegründung des Obersten Gerichts zu warten, da noch nicht klar sei, wie diese zu werten sei. Gleichzeitig gab die Bank bekannt, die Strategie zu verfolgen, alle anderen von Kunden eingeleiteten Prozesse bezüglich der missbräuchlichen Kreditklauseln mit einvernehmlichen Übereinkommen zu beenden.
Laut der Nachrichtenplattform www.profit.ro hat BCR vor 2010 zur Berechnung der Kreditraten einen schwankenden internen Zinssatz verwendet, auf welchen eine fixe Zinsmarge zwischen eins bis zwei Prozent aufgerechnet wurde. Die Kreditzinsen haben sich dadurch nach dem ersten Jahr fast verdoppelt. Die Kläger haben beantragt, diese missbräuchliche Klausel aus dem Vertrag zu nehmen und den schwankenden internen Zinssatz mit dem Referenz-Zinssatz im Interbankengeschäft EURIBOR zu ersetzten; die fixe Zinsmarge soll beibehalten werden. Der EURIBOR ist mit Ausbruch der Finanzkrise Ende 2008 von rund 5 Prozent auf unter zwei Prozent gesunken und befindet sich seit 2012 nahe null. Gelder, die anhand der missbräuchlichen Klauseln eingenommen wurden, müssen den Kunden rückerstattet werden.
Der Rechtsanwalt Gheorghe Piperea, dessen Anwaltskanzlei die BCR-Kunden sowohl in diesem als auch in weiteren Prozessen vertritt, erklärte für den Fernsehsender Digi 24, dass während den fünf Jahren Prozessdauer die BCR mehrmals die Möglichkeit hatte, einvernehmliche Übereinkommen zu schließen. Dies sei nicht geschehen, weil die Bank sehr sicher gewesen sei, dass der Prozess gewonnen wird.
Unter anderem erhob er auch Vorwürfe gegen die Nationalbank (BNR) – diese ist mit der Bankenaufsicht beauftragt –, die Piperea zufolge zunächst die Missbräuche toleriert und ab 2010 die BCR unterstützt habe. Die Einsicht, dass der interne schwankenden Zinssatz nicht in den Verträgen hätte existieren sollen, habe BNR in einem vor wenigen Tagen vorgelegten Finanzmarktstabilitätsbericht gezeigt, dies sei jedoch verspätet. Piperea geht davon aus, dass in Zukunft auch Gerichtsverfahren gegen die Nationalbank eingeleitet werden. Weiteren Kunden empfahl der Anwalt, vor Gericht zu ziehen, da dadurch eine viel größere Senkung der Kreditrate wahrscheinlicher sei als durch die Annahme des BCR-Angebots. Die BCR erklärte in ihrem schreiben, an ihrer Strategie auf einvernehmliche Übereinkommen festzuhalten, obwohl gewisse Anwälte eine Stimmung erzeugen würden, welche „Zwietracht zum Schaden von Partnerschaft und Vertrauen befördern.“