Bukarest - Russland und die Ukraine, ohnehin schon die größten Weizenexporteure in der Schwarzmeer-Region, schicken sich in der kommenden Saison an, den europäischen Markt mit einem Exportvolumen zwischen 25 und 30 Millionen Tonnen zu überfluten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Analysten. In diesem Sommer stehen aufgrund der günstigen Witterungsverhältnisse in beiden Ländern Rekordernten an. Wie sich das auf den Weizenpreis und auf die Konkurrenz auswirkt, bleibt aufgrund der unsicheren Marktlage selbst für Experten abzuwarten.
23 Milionen Tonnen Weizen in der Ukraine geerntet
Die Ukraine hatte zwischen Sommer 2010 und 2011 über vier Millionen Tonnen Weizen exportiert. Kommendes Jahr sollen die Exporte auf 9,7 Millionen Tonnen anwachsen, berichten die Analysten gegenüber Reuters. Das ukrainische Landwirtschaftsministerium teilte mit, dass in der Ukraine bisher 34,1 Millionen Tonnen Getreide geerntet wurden. Etwa 23 Millionen Tonnen davon entfallen auf Weizen. In Russland, wo erst 40 Prozent der Ernte abgeschlossen sind, enthalten die bisher geernteten 51,4 Millionen Tonnen Getreide 34 Millionen Tonnen Weizen. Russland zählt neben Indien, China, den USA und Kanada zu den weltweit wichtigsten Weizenproduzenten.
Experten schätzen das Exportvolumen Russlands auf etwa 20 Millionen Tonnen in der kommenden Saison, nachdem bis zum Ausfuhrstop Mitte August 2010 lediglich 3,4 Millionen Tonnen exportiert wurden. Eine Jahrhunderthitze mit wochenlangen Bränden und einer beispiellose Dürre und die anschließend befürchtete Lebensmittelknappheit hatte die russische Regierung im Sommer des Vorjahres veranlasst, Getreideexporte gesetzlich zu verbieten. Nach einem Jahr wurde dieses Verbot nun am 1. Juli 2011 wieder aufgehoben. Der Getreidemarkt sei wieder stabil, hieß es aus Moskau. In diesem Zeitraum hat Russland seine Kornspeicher aufgefüllt. Mit der nun erwarteten Rekordernte werden russische Exporte den europäischen Markt dominieren, schätzen die Analysten, und den europäischen Konkurrenten im mittleren Osten und Nordafrika den Rang ablaufen.
Auch in Rumänien gute Ernte
Die hervorragenden Produktionsprognosen aus der Ukraine und Russland werden dem rumänischen Landwirtschaftsminister Valeriu Tabără gehörig die Suppe versalzen. „Ich hätte mir gewünscht, dass Russland auch in diesem Jahr kein Getreide exportiert“, erklärte Tabără noch Ende Juli. Nachdem aber nicht nur das Exportverbot aufgehoben wurde, sondern zusätzlich noch eine Rekordernte ansteht, werden rumänische Exporteure mit den russischen und ukrainischen Preisen zu kämpfen haben. Nichtsdestotrotz zeigt sich das Landwirtschaftsministerium angesichts einer Erntesteigerung um 26 Prozent und des erwartungsgemäß hohen Weizenpreises zuversichtlich. „Wir haben ein sehr gutes Jahr hinter uns, mit einem durchschnittlichen Ertrag von 3,65 Tonnen pro Hektar. Uns steht eine gute Exportsaison ins Haus“, hieß es aus dem Ministerium vergangenen Freitag. Die Weizenproduktion in Rumänien konnte von 5,7 Millionen Tonnen in 2010 auf 7,2 Millionen Tonnen gesteigert werden.
Trotzdem Preisanstieg erwartet
Zwar hob der Internationale Getreiderat aufgrund der guten Zahlen aus Osteuropa die Prognose für die weltweite Weizenproduktion 2011 an, trotzdem dürften die Märkte auf diese Vorgabe aber nicht mit einer Preissenkung reagieren, denn durch die weniger günstigen Wetterbedingungen in den USA und Australien hatten Analysten die Ernteprognosen zunächst besorgt beobachtet. Der Getreidepreis ist zwar von seinem Höchststand im Februar dieses Jahres weit entfernt, trotzdem weist die Tendenz nach oben.