Seit einigen Monaten wird über die neue Digitalisierungsinitiative der rumänischen Handelsregister geschrieben. Anlass ist das neulich veröffentlichte, am 26. November 2022 in Kraft tretende Gesetz 265/2022, welches das Handelsregistergesetz Nr. 26/1990 komplett ersetzt. Es folgen einige Überlegungen zu ausgewählten Änderungen.
Elektronische Antragstellung und Ausstellung von Unterlagen
Die rumänischen Handelsregister waren bereits vor der Pandemie digital eingestellt und erlaubten Online-Anträge, sofern eine qualifizierte elektronische Signatur vorlag. Die meisten Unterlagen wurden gescannt und elektronisch signiert eingereicht; Anträge wurden kurzfristig bearbeitet und der Stand des Verfahrens konnte online verfolgt werden. Die anschließenden Eintragungsnachweise wurden trotzdem auf Papier ausgestellt und gegenüber weiteren Behörden in dieser Form verwendet.
Die Änderungen sollen künftig gewährleisten, dass überhaupt keine Unterlagen mehr in Papierform eingereicht bzw. ausgestellt werden und die mit elektronischer Signatur versehenen Nachweise (einschließlich Registrierungszertifikate) dieselbe Rechtskraft wie die bislang bekannten Originalausfertigungen entfalten. Bis zum 1. August 2023 soll auch das gesamte Archiv der rumänischen Handelsregister digitalisiert werden.
Landesweit einheitliche Registrierungsregelungen
Erfahrungsgemäß verliefen die oben beschriebenen elektronischen Registrierungsverfahren gut; sie stellten eine wesentliche Erleichterung für Unternehmen und deren Berater dar. Dennoch war die Praxis der Handelsregister nicht immer einheitlich: Abhängig von dem menschlichen Faktor (der/die Sachbearbeiter/in) führten ähnliche Anträge in verschiedenen Bezirken manchmal zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Überraschenderweise nahm die Nationale Behörde des rumänischen Handelsregsiters (Oficiul Na]ional al Registrului Comer]ului) wenig Einfluss auf die lokale Praxis der Handelsregister. Eine begrüßenswerte neue Regelung schreibt nun vor, dass auf Landesebene ein Ausschuss (Comisia de analiz˛ {i practic˛ unitar˛ a ONRC) gebildet wird, der die einheitliche Praxis sicherstellen soll.
Standardisierte Unternehmensunterlagen
Neben den verfahrensrechtlichen Fortschritten sollen auch bestimmte Gesellschaftsunterlagen standardisiert werden. Beispielsweise ist die Möglichkeit vorgesehen, die Gründungsurkunde aufgrund eines elektronischen Formblattes durch Anklicken bestimmter Felder zusammenzustellen. Das Justizministerium hat am 30. August 2022 Vorschläge für bestimmte standardisierte Unterlagen veröffentlicht.
Es bleibt allerdings abzuwarten, ob diese Möglichkeit tatsächlich für alle Unternehmen sinnvoll ist. In der Regel benötigen insbesondere ausländische Investoren detaillierte zweisprachige Gründungsunterlagen, welche über die gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Regelungen hinausgehen und z.B. Mehrheitsregelungen, Vorkaufsrechte, Austrittsregelungen und Bewertungsgrundlagen beinhalten. Wir gehen davon aus, dass das Formblatt eher für kleine Unternehmen relevant sein wird.
Mittlere und größere Unternehmen werden erfahrungsgemäß nach wie vor eigene Regelungen (oft begleitet von ausführlichen Gesellschaftsverträgen) verwenden.
Änderungen im Gesellschaftsrecht
Das neue Gesetz ändert stellenweise auch das Gesellschaftengesetz Nr. 31/1990. Zunächst wird endlich klargestellt, dass das Stammkapital einer rumänischen GmbH (SRL) nicht mehr bei der Gründung vorliegen muss.
Damit wird die Eröffnung eines Stammkapitalkontos vor einer Gesellschaftsgründung nicht mehr erforderlich sein. Nach der erfolgten Gründung zahlen die Gesellschafter mindestens 30 Prozent binnen einer Maximalfrist von drei Monaten auf das Gesellschaftskonto ein; die restlichen 70 Prozent müssen in den nächsten neun Monaten folgen.
Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Mehrheitsregelungen bei der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung. Art. 192 Abs. 2 des Gesetzes 31/1990 schrieb vor, dass Änderungen der Gründungsurkunde einstimmig gefasst werden mussten. Davon konnte in der Gründungsurkunde abgewichen werden, was in der Praxis oft übersehen wurde und zu Schwierigkeiten führte. Diese Regelung wird abgeschafft.
Fazit und Ausblick
Das auch bislang größtenteils digitalisierte Handelsregisterverfahren wird durch das neue Gesetz in eine neue, benutzerfreundlichere Phase gebracht. Insbesondere können Antragsteller Unterlagen in elektronischer Form verwenden bzw. erhalten, und in dieser Form auch gegenüber anderen Behörden verwenden.
Dies klingt sehr vernünftig und ist begrüßenswert. Die ersten praktischen Ergebnisse werden allerdings erst zu Beginn des nächsten Jahres erkennbar, nachdem die Durchführungsnormen hierzu veröffentlicht werden und alle Beteiligten (auch die Banken) sich darauf einstellen.
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